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Das korrekte Tragen unterstützt die anatomische Entwicklung des Babys. Wichtig ist, dass auf die so genannte Anhock-Spreiz-Haltung der Beine und auf einen gerundeten Rücken geachtet wird, da in dieser Stellung sowohl die Hüfte als auch der Rücken des Babys optimal entlastet werden.

Die Hüfte besteht bei der Geburt noch zu einem grossen Teil aus Knorpel. Erst in den folgenden Monaten beginnt sich diese zu verknöchern und wird damit stabiler. In der Anhock-Spreiz-Haltung befindet sich der Hüftgelenksknochen genau mittig in der Hüftgelenkspfanne, wodurch sich die Hüften optimal entwickeln können, ohne dass es dabei zu Verformungen kommt.

Durch die Anhock-Spreiz-Haltung wird der Rücken des Babys automatisch gerundet, was anatomisch gesehen durchaus Sinn macht, denn die Wirbelsäule des Neugeborenen ist von Natur aus gerundet. Erst im Laufe des ersten Lebensjahres richtet sich die Wirbelsäule langsam auf.

Wie sieht also die Anhock-Spreiz-Haltung aus? Dein Neugeborenes zeigt es Dir ! Diese Haltung wird nämlich vom Baby reflexartig eingenommen wenn es hochgehoben wird. Dein Baby zieht die Beine nach oben und spreizt sie leicht ab - bereit um auf den Hüften der Mutter oder des Vaters Platz zu nehmen.

Weil das Baby an das Getragenwerden angepasst ist, hat der Biologe Prof. Dr. Bernhard Hassenstein 1970 den Begriff "Tragling" eingeführt.




Wer einen Säugling beobachtet, dem fällt auf, wie er seine Beinchen anwinkelt und leicht spreizt; er ist nicht in der Lage, die Beinchen gerade zu strecken. Besonders wenn eine ihm bekannte Person zu ihm tritt, zieht das Baby die Beinchen an, in Erwartung des Hochgenommenwerdens. Wird das Baby hochgenommen, verstärkt sich dies noch. Es hockt die Beinchen an in Erwartung, getragen zu werden.

Setzt man sich den Säugling auf die Hüften, ist erkennbar, dass diese Anhock-Spreiz-Haltung (ASH) die optimale Stellung ist, um von der tragenden Person getragen zu werden. Zur Unterstützung sind auch die Unterschenkel eines kleinen Babys noch leicht nach aussen gekrümmt, wodurch es sich beim Reiten auf der Hüfte besser halten kann. Durch das Anhocken kippt das kindliche Becken von oben gesehen leicht nach hinten, dies bedingt wiederum den Rundrücken (s. u.).

Neben diesen angeborenen Reflexen zeichnet noch ein weiteres Merkmal den Jungentypus Tragling aus: Das bei der Geburt noch nicht vollständig verknöcherte Skelett des Kindes.

Beim Tragen muss dabei vor allem Hüftpfanne und Oberschenkelkopf besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Oft ist die Hüfte eines Babys bei Geburt noch nicht vollständig verknöchert, man spricht von Hüftunreife. Dies wäre von Natur aus nicht weiter schlimm, denn durch den angeborenen Reflex nimmt das Kind beim Hochheben automatisch die ASH und den gerundeten Rücken ein, in der Erwartung, auf der Hüfte getragen zu werden. Auf der Hüfte – dem von Natur aus zum Tragen des Säuglings vorgesehenen Platz – sind die Oberschenkel des Kindes in einem Winkel von 100° bis 110° angehockt. (Oberschenkel im Vergleich zum gestreckten Bein, der Oberschenkel ist also weit angehoben. Nicht wie beim Sitzen etwa 90°, sondern eben 100 – 110°) angehockt, und die Spreizung der Beine beträgt einen Winkel von ungefähr 45° (Winkel Oberschenkel – Beckenmitte/Hüftgelenk). Oder einfacher ausgedrückt:

Die Knie sollten in Höhe des Bauchnabels sein, während beide Oberschenkel zueinander im rechten Winkel sind. Der optimale Winkel kann je nach Kind etwas variieren.

In dieser Stellung drücken die Köpfe der Oberschenkelknochen ins Zentrum der Hüftpfannen. Die Belastung der Pfannenränder ist gleichmässig verteilt. Die Verknöcherung kann optimal – ohne Verformungen – erfolgen, es bilden sich gut ausgebildete Hüftgelenke.




In anderen Stellungen dagegen, etwa mit gerade herabhängenden Beinen, wie man sie oft in ungeeigneten Tragehilfen sehen kann, drücken die Köpfe der Oberschenkelknochen an die noch knorpeligen und damit verformbaren Pfannenwände und –ränder, und Verformungen am Hüftgelenk können die Folge sein.

Nicht nur die Knochen, auch die Bänder und Muskeln profitieren von der Anhock-Spreiz-Haltung. In dieser Haltung sind Muskeln und Bänder der Beine in Ruhestellung und werden nicht gedehnt.

Die Bewegung während des Tragens fördert ausserdem die Durchblutung von Knochen und Gelenken sowie der Muskeln - und damit die raschere und bessere Verknöcherung und frühere Kräftigung der Muskeln.

Aus diesen Gründen wird das Tragen auch als Therapiemittel bei der Behandlung von Hüftdysplasien eingesetzt. Eltern mit einem betroffenen Kind wird sehr empfohlen, das Kind auf der Hüfte zu tragen – allerdings nach Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt. Hier kann eine Trageberaterin die Eltern begleiten, damit im Gespräch mit dem Arzt / der Ärztin herausgefunden werden kann, ob die optimale Hüfttrageweise (Hüftkänguru), korrekt gebunden, als Alternative zur Behandlung mit Schiene in Frage kommt.

Durch Tragen kann eine Hüftdysplasie – je nach Schwere und nach Absprache mit dem Arzt – geheilt werden. Tragen kann aber auch bei einer Behandlung mit Schiene unterstützend eingesetzt werden.





Nicht nur die Anhock-Spreizhaltung, sondern auch der gerundete Rücken des Kindes fallen uns an unseren getragenen Kindern auf. Dass ein Baby einen gerundeten Rücken hat, ist durchaus sinnvoll und enstpringt wieder dem Jungentypus Tragling: Er muss sich nicht aufrichten können, um am Körper der Mutter getragen zu werden. Vielmehr ermöglicht die Beugung nach vorne ein Anlehnen an der Mutter, ein Nach-Hinten-fallen wird vermieden.

Ausserdem bildet sich die Doppel-S-Form des Rückens, die für erwachsene Personen charakteristisch ist, erst mit der Zeit. Die Entwicklung ist dann abgeschlossen, wenn das Kind selbständig gehen kann und damit nicht mehr so sehr auf das Getragenwerden angewiesen ist.

Die Aufrichtung der Wirbelsäule verläuft in 3 Phasen.

Nach der Geburt ist der Rücken rund (Totalkyphose).

Nach etwa 6 Wochen beginnt das Kind, den Kopf zu heben. Wenn das Kind sich mit etwa 4 Monaten auf die Unterarme stützen kann, ist die Streckung der Halswirbelsäule fertig vollzogen (Halslordose).

Als nächstes beginnt das Kind sich aufzusetzen. Dazu werden die Brustwirbel aufgerichtet. Die sog. Brustkyphose ist vollzogen, wenn das Kind selbständig sitzen kann.

Zuletzt folgt die Lendenlordose. Die Lendenwirbel richten sich auf, sobald sich das Kind an Gegenständen hochzuziehen beginnt. Abgeschlossen ist diese Phase – und damit die gesamte Streckung des Rückens – mit dem freien Gehen des Kindes.



Die Bandscheiben sind bei Geburt noch nicht voll entwickelt und sind stark durchblutet. Erst mit der Aufrichtung des jeweiligen Abschnittes der Wirbelsäule erhalten sie ihre volle Funktion. Wird der Rücken in dieser sensiblen Zeit gestaucht, kann es für die Bandscheiben und noch weichen Wirbelkörper Entwicklungsprobleme geben.

Daher ist beim Tragen darauf zu achten, dass die kindliche Wirbelsäule optimal abgestützt und nicht gestaucht oder durch Schläge beim Tragen in ungeeigneten Tragehilfen geschädigt wird.





Nun ist es so, dass das Kind, das einen noch runden Rücken hat, von sich aus die Anhockspreizhaltung einnimmt: denn Hüften, Beine und Rücken arbeiten zusammen. Auch wir Erwachsene spüren diesen Mechanismus, etwa wenn wir Beckenkippen üben oder indem wir in die Hocke gehen: sie ist nur mit gerundetem Rücken möglich! Für ein Baby bedeutet dies, dass runder Rücken und Anhock-Spreizhaltung einander bedingen. Es kann nur richtig eingehockt werden, wenn sein Rücken rund werden kann, und der Rücken wiederum kann nur rund werden, wenn die Beine korrekt angehockt sind.

Textauszüge aus: www.känguru.ch mit freundlicher Genehmigung von Dorothea Burkhard